Österreich hat ein umfassendes Sozialsystem und die soziale Absicherung ist auch für Selbständige recht gut. Nicht jede_r Unternehmer_in möchte aber zwangsbeglückt werden und so wird oftmals ein Weg gesucht, die Sozialversicherungspflicht zu vermeiden.
Im Folgenden finden Sie einen Überblick, wer sozialversicherungspflichtig ist, wer nicht und in welchen Konstellationen es Schlupflöcher gibt.
Pflichtversicherung auf Grund einer Gewerbeberechtigung
Generell gilt: Mit Gewerbeschein besteht Pflichtversicherung bei der SVS in der Kranken-, Pensions- und Unfallversicherung – auch wenn nur ein sehr geringes Einkommen oder gar ein Verlust erwirtschaftet wird.
Es gibt drei Gruppen von gewerblich selbständig Versicherten:
- Einzelunternehmer_innen mit Gewerbeschein
- Unbeschränkt haftende Gesellschafter_innen einer Personengesellschaft mit Gewerbeschein (das sind Gesellschafter_innen einer OG sowie Komplementär_innen einer KG)
- Selbständige Gesellschafter-Geschäftsführer_innen einer GmbH mit Gewerbeschein (in der Regel ab einem Beteiligungsausmaß von über 25%)
1. Ausnahmen für gewerbliche Kleinunternehmer_innen
Einzelunternehmer_innen mit geringem Umsatz und Gewinn können in folgenden Konstellationen eine Ausnahme von der Pflichtversicherung beantragen:
- Ausnahme für Jungunternehmer_innen: Innerhalb der letzten 60 Monate bestand nicht mehr als 12 Monate eine Pflichtversicherung bei der SVS.
- Ausnahme ab Vollendung des Regelpensionsalters
- Ausnahme ab Vollendung des 57. Lebensjahres sofern die Umsatz- und Einkommensgrenze schon in den letzten fünf Kalenderjahren nicht überschritten wurde.
Die Umsatzgrenze für die Ausnahme von der Pflichtversicherung liegt bei € 35.000,- jährlich. Der Gewinn darf nicht über der zwölffachen Geringfügigkeitsgrenze liegen – das sind für 2021 € 5.710,-.
Achtung: Die Ausnahmemöglichkeiten für Kleinunternehmer_innen bestehen nur für Einzelunternehmer_innen! Ist jemand als Gesellschafter_in einer OG oder als GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführer_in gewerblich versichert, gilt dies nicht!
2. Ausnahmen bei Mehrfachversicherung
- Liegen nicht nur selbständige, sondern auch unselbständige Einkünfte vor, kommt es grundsätzlich zu einer Doppelversicherung. Jedoch ist die SV-Beitragsgrundlage insgesamt mit der Höchstbeitragsgrundlage beschränkt (2021: € 77.700,- maximale Jahresbeitragsgrundlage). Wenn also jemand schon ein gut bezahltes Dienstverhältnis hat, darf die SVS nur mehr insoweit Beiträge vorschreiben, als dadurch die Jahreshöchstbeitragsgrundlage nicht überschritten wird. Ist diese im Dienstverhältnis bereits erreicht, sind bei der SVS keine Kranken- und Pensionsbeiträge mehr zu leisten.
- Eine bestehende Versicherung in einem Dienstverhältnis kann aber auch genutzt werden, um die gewerbliche Mindestbeitragsgrundlage abzudecken. Beispiel: Ein Einzelunternehmer erwirtschaftet einen Verlust und hat auch ein Dienstverhältnis mit einem Jahresbruttogehalt von € 15.000,- Da die Beitragsgrundlage des Dienstverhältnisses die Mindestbeitragsgrundlage für das gewerbliche Einzelunternehmen abdeckt, sind keine SVS-Beiträge zu leisten (außer der Unfallversicherung mit einem Jahresbeitrag von € 125,-).
Neue Selbständige
Sogenannte Neue Selbständige sind alle Personen mit selbständigen Einkünften, die keinen Gewerbeschein haben – beispielsweise Kunstschaffende. Auch Kommanditist_innen einer Kommanditgesellschaft fallen unter die Neuen Selbständigen (unabhängig davon, ob die KG einen Gewerbeschein hat oder nicht!).
Für Neue Selbständige ist es erheblich einfacher: Mit Überschreiten der Versicherungsgrenze von heuer € 5.710,- Gewinn kommt es zur Pflichtversicherung, liegen die Einkünfte unter der Versicherungsgrenze besteht keine Versicherungspflicht. Dafür ist kein Ausnahmeantrag nötig.
Wird Versicherungsschutz gewünscht oder benötigt, bestehen zwei Möglichkeiten:
- Freiwillige Krankenversicherung
- Überschreitungserklärung: Meldung an die SVS, dass die Einkünfte die Versicherungsgrenze voraussichtlich übersteigen werden. Es kommt zur Einbeziehung in die Kranken-, Pensions- und Unfallversicherung – diese fällt auch rückwirkend nicht mehr weg, sollten die Einkünfte doch unter der Versicherungsgrenze liegen.
Beitragsgrundlage ist in diesen Fällen die Versicherungsgrenze.
Das Sozialversicherungsrecht ist insbesondere im Bereich der gewerblich Versicherten sehr komplex – bei der Beurteilung Ihrer konkreten Situation können noch weitere, hier nicht behandelte, Aspekte eine Rolle spielen. Bitte wenden Sie sich daher bei Beratungsbedarf auch in Sozialversicherungsfragen jederzeit an uns.