Haben Sie sich vielleicht schon einmal gefragt, wieso Sie eine Bilanz erstellen müssen, ein befreundeter Unternehmer aber nur eine Einnahmen-Ausgaben Rechnung? Ganz pauschal lässt sich diese Frage nicht beantworten. Es kommt auf einige Faktoren an, wie zB auf Rechtsform oder Umsatz.
Doppelte Buchhaltung
Im Fachjargon sprechen wir von der Rechnungslegungspflicht, wenn der Gewinn in Form einer doppelten Buchhaltung ermittelt werden muss. Der Jahresabschluss besteht dann aus Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung und eventuell aus einem Anhang mit Erläuterungen. In diesem Jahresabschluss sind sämtliche Vermögensgegenstände, Schulden, Rechnungsabgrenzungsposten sowie Aufwendungen und Erträge des Unternehmens enthalten, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist.
Einnahmen-Ausgaben-Rechnung
Die Einnahmen-Ausgaben-Rechnung ist ein vereinfachtes System der Gewinnermittlung, bei dem nur die Betriebseinnahmen und die Betriebsausgaben erfasst werden, die im Kalenderjahr tatsächlich entweder bar oder unbar (über Bankkonten) zu- bzw. abgeflossen sind. Man spricht vom Zufluss-Abfluss-Prinzip. Das Jahresergebnis – Gewinn oder Verlust – wird als Differenz zwischen den Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben eines Kalenderjahres ermittelt.
Wann muss ich nun eine doppelte Buchhaltung führen?
Zum einen gibt es bestimmte Rechtsformen, die per se die Verpflichtung zur doppelten Buchführung auslösen. Diese rechtsformabhängige Buchführungspflicht betrifft Kapitalgesellschaften (GmbH, AG) sowie unternehmerisch tätige Personen, bei denen keine natürliche Person unbeschränkt haftender Gesellschafter ist (GmbH & Co KG).
Daneben tritt auch eine Buchführungspflicht ein, wenn der Umsatz eine bestimmte Grenze übersteigt.
- Übersteigt der Umsatz in zwei aufeinanderfolgenden Jahren die Grenze von € 700.000,- , bleibt aber unter € 1.000.000,-, dann gilt nach Ablauf eines Pufferjahres Bilanzierungspflicht.
- Übersteigt der Umsatz die Grenze von € 1.000.000,- gilt die Pflicht zur doppelten Buchhaltung bereits ab dem Folgejahr,
Umsatzgrenze | € 700.000,- | € 1.000.000,- |
Rechnungslegungspflicht tritt ein | bei zweimaliger, aufeinanderfolgender Überschreitung | bei einmaliger Überschreitung |
ab wann? | nach einem Pufferjahr | ohne Pufferjahr bereits ab Folgejahr |
Beispiel | Umsätze 2017 und 2018: jeweils 750.000 Euro Rechnungslegungspflicht ab 2020 |
Umsatz 2018: 1.050.000 Euro Rechnungslegungspflicht ab 2019 |
Für Angehörige von freien Berufen (zB Ärzt_innen, Anwält_innen, Künstler_innen), Land- und Forstwirt_innen und Unternehmer_innen mit Überschusseinkünften, z.B. Vermietung) gelten die obigen Schwellenwerte nicht. Für diese Berufsgruppen ist auch bei hohen Umsätzen keine Buchführungspflicht vorgesehen. Vereine müssen eine doppelte Buchhaltung führen, wenn ihre gewöhnlichen Einnahmen bzw. Ausgaben über 1 Million Euro liegen.
Selbstverständlich steht es jedoch jedem_r Unternehmer_in offen, freiwillig eine doppelte Buchhaltung zu führen. Dies hat den Vorteil, dass aus der Buchhaltung zum Beispiel auf einen Blick Forderungen und Verbindlichkeiten ersichtlich sind und somit ein besserer Überblick über die finanzielle Lage gegeben ist. Sinnvoll kann die freiwillige Bilanzierung auch sein, wenn Projekte über das Jahresende hinausgehen und Einnahmen und Ausgaben zum Projekt nicht im selben Kalenderjahr anfallen.
Beispiel: Im Dezember fließt eine Anzahlung für ein großes Projekt zu, das erst im Folgejahr zu Ausgaben führt. Bei der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung ist die Anzahlung im Jahr des Zuflusses als Gewinn zu versteuern, obwohl das Projekt vielleicht in Summe gar keinen – oder keinen so hohen – Gewinn ergeben wird. Bei doppelter Buchhaltung und Bilanzierung richtet sich die Gewinnrealisierung hingegen nach der wirtschaftlichen Zuordnung – hier ist der Gewinn aus dem Projekt erst nach Projektabschluss zu realisieren und zu versteuern.